Okinawa
Es wird oft behauptet, dass das Karate-Training auf Okinawa
früher nur in geheimen Kreisen stattgefunden hat. Vermutlich handelt es sich um
einen Übersetzungsfehler aus der Biografie von G. Funakoshi, in der es
ursprünglich hieß, das Karate nicht in der Öffentlichkeit ausgeübt wurde, im
Gegensatz zu heute, wo es an jeder Ecke Karateschulen gibt.
Vermutlich geht
diese Fehlinterpretation zurück auf die falschen Übersetzungen diverser
Schriften, die dann noch durch Geschichten kreativer Karatemeister untermauert
wurden. Da dies historisch jedoch nicht belegbar ist, schien niemand zu
interessieren. Man schenkte den wunderbar ausgeschmückten Geschichten
Glauben.
Da man diese Aussagen auch in sämtlichen Büchern über Karate
wiederfindet, ist man ein-fach davon ausgegangen, dass dies so seine Richtigkeit
hat. Es wurde der Eindruck erweckt, dass die Bewohner Okinawa ständig
unterdrückt wurden und sie heimlich geübt haben, um sich gegen diese
Unterdrückung zu wehren.
In Wirklichkeit jedoch wurde das Karate jedoch
gefördert für Beamte und auch später, als es an Schulen eingeführt wurde.
Trotzdem wurde das Karate im „Geheimen“ geübt, weil es Lehrer gab, die ihr
System unverändert weitergeben wollten.
Hinzu kam noch nach der Öffnung
Japans gegenüber dem Westen, dass man alte Traditionen als verpönt ansah und man
es nicht gerne sah, wenn alte Traditionen weitergepflegt wurden.
Darüber
hinaus mag es viele Gründe gegeben haben, warum einige Meister die Künste im
Geheimen übten, z.B., weil man dem Feind, oder anderen Karatemeistern keinen
Einblick in die gelehrten Künste geben wollte usw.
Aber was bedeutet schon
„Geheim“. Es ist ja bekannt, dass die Meister dieser Zeit mehrere Schüler
gleichzeitig unterrichteten und auch ein Schüler bei mehreren Meistern trainiert
hat.
Also musste ja bekannt sein, wer wann und wo Training gibt. Was
allenfalls „geheim“ gewe-sen sein könnte, waren die Trainingsinhalte.
Ich
denke, es ist wichtig, dass man sich heute mal mit dem Thema auseinandersetzt
und der Geschäftemacherei mit den „geheimen Techniken – No-Touch-K.O.“ etwas
entgegensetzt.
Karate wurde entwickelt, weil es auf Okinawa ein Waffenverbot gab und die Bewohner, Bauern etc. sich gegen die Willkür und Unterdrückung durch die Samurai wehren mussten. Deshalb wurden die Werkzeuge des täglichen Lebens zu Waffen umfunktioniert.
Eine schöne Aussage, ist doch dann Karate etwas Besonderes, deshalb nennt man es ja auch „leere Hand“ So jedenfalls wurde es erzählt.
Doch die Geschichte stimmt so nicht.
Es gab kein ausdrückliches Waffenverbot auf Okinawa. Basierend ist die Aussage über das „Waffenverbot“ meist dadurch, dass die Satsuma-Samurais vom Shimizu-Clan 1609 Okinawa eroberten und dieses Waffenverbot durchgesetzt hätten. Deshalb sollte die Bevölkerung waffenlose Kampfkünste entwickelt haben, um sich gegen die Samurai wehren zu können. Das Tode (alter okinawanischer Name für Karate) war eine Kampfkunst, die zur körperlichen Ertüchtigung und Vorbereitung für den Kampf mit Waffen, die auch schon vorher praktiziert wurde. Es diente als Notlösung, falls man seine Waffen verloren hatte oder durch andere Umstände nicht im Besitz einer Waffe war. Tode (Karate) war nicht als Kampfkunst ohne Waffen gedacht. Die Kampfkunst wurde überwiegend von Kriegern, die als Leibwächter etc. einem Fürsten dienten ausgeübt. Kein Fürst hätte einen waffenlosen Leibwächter beschäftigt.
In dem Buch A Stroll Along Ryukyu Martial Arts History von A. Quast gibt es genügend Hinweise darauf, dass es kein Waffenverbot auf Okinawa gab. Die Aussage über das Waffenverbot kam vermutlich durch die Fehlinterpretation eines Aushangs zustande. Ein Dekret aus dieser Zeit besagt folgendes:
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01. Ohne Erlaubnis dürfen keine Waren aus China importiert werden.
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02. Bezüge gehen nur an fähige und verdiente Beamte, die Herkunft allein garantiert den Erhalt von Bezügen nicht.
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03. Frauen haben keinen Anspruch auf Bezüge.
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04. Es dürfen keine männlichen Bediensteten in Privathaushalten beschäftigt werden
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05. Die Anzahl der errichteten buddhistischen und shintōistischen Schreine darf nicht zu groß sein.
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06. Händler, die in Übersee Handel betreiben wollen, benötigen eine schriftliche Erlaubnis.
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07. Einwohner des Königreiches dürfen nicht als Sklaven an das japanische Festland verkauft werden.
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08. Steuerabgaben müssen genau so gezahlt werden, wie sie vom Magistrat festgelegt werden.
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09. Öffentliche Angelegenheiten müssen ausschließlich dem Sanshikan vorgetragen werden.
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10. Niemand darf dazu gezwungen werden, gegen seinen Willen Dinge zu kaufen oder zu verkaufen.
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11. Streits und persönliche Auseinandersetzungen sind verboten.
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12. Kleinere Verbrechen sollen durch die lokalen Behörden geklärt werden, große Verbrechen müssen den Satsuma gemeldet werden.
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13. Es ist keinem Handelsschiff erlaubt von Ryūkyū aus andere Länder anzusteuern.
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14. Es dürfen nur japanische Maßeinheiten verwendet werden.
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15. Glücksspiel und ähnliche Laster sind strengstens verboten.
Von einem Waffenverbot ist hier keine Rede.